Filmjahr 1939 Marathon: Love Affair

Love Affair

Deutscher Titel: Ruhelose Liebe
Regie: Leo McCarey
Drehbuch: Delmer Daves, Donald Ogden Stewart
Nennenswerter Cast: Irene Dunne, Charles Boyer
Erstveröffentlichung: 7.4.1939
Deutsche Erstveröffentlichung: (laut IMDb) Österreichpremiere: 28.10.1949 / Westdeutschlandpremiere: 15.11.1949
Laufzeit: 88 Min.
Empfohlene Heimversion: Für die amerikanische Blu-ray von Criterion wurde eine digitale Restauration unternommen. Zusätzlich finden sich noch Interviews und ein Essay in dieser VÖ. / Vom Love Affair-Remake An Affair to Remember (dt.: Die große Liebe meines Lebens) gibt es auch eine deutsche Blu-ray.

Eine Atlantiküberquerung auf einem Kreuzschiff von Italien über Madeira bis nach New York sollte eigentlich schön und romantisch sein. Doch sowohl der französische Playboy Michel Marnet (Charles Boyer) als auch die Amerikanerin Terry McKay (Irene Dunne) sind unglücklich verliebt. Der berühmte Womanizer Michel steckt regelrecht in einer Lebenskrise und ist missmutig, weil er sich in acht Tagen nach vielen Jahren des ungezwungenen Vergnügens an eine reiche Amerikanerin binden und heiraten soll. Er gibt offen zu, dass er wenig Respekt vor Frauen hat. Das hat auch damit zu tun, dass sie sich ihm reihenweise vor die Füße werfen.

Auch die smarte, warmherzige Sängerin Terry ist verlobt, als sie auf dem großen Dampfer auf Michel trifft. Sie ist nicht sofort hin und weg und fasziniert von ihm und gibt sogar verbalen Konter, was sein Interesse weckt. Michel wechselt wieder in den Casanova-Modus und bezirzt die schöne Terry auf eine weltmännische, respektvolle Art. Terry ist angetan von dem interessanten Franzosen, doch wie er ist auch sie einem anderen versprochen.

Es folgen einige erbauliche Gespräche und viel Gedankenaustausch. Die beiden besuchen gemeinsam Michels gewitzte Großmutter, als sie während eines Zwischenstopps an Land gehen. Sie verlieben sich ineinander und versprechen, dass sie sich in sechs Monaten auf dem Empire State Building wiedersehen werden, egal was passiert. Doch leider kommt es nicht so, wie sich die beiden es gewünscht hätten und das Happy End bleibt für die beiden ungewiss.

Love Affair ist ein sehr netter Ausflug mit ein paar schönen Liedern. Er ist sentimental, wie Liebesdramen auch sein sollten, aber keineswegs in einem unerträglichen Maße. Der Film war ein Überraschungserfolg und wurde für sechs Oscars nominiert, darunter auch „Bester Film“. Ganz im Gegensatz zu Wuthering Heights (dt.: Stürmische Höhen, ebenso von 1939) gibt es in Love Affair keine großen, melodramatischen Liebesgeständnisse und niemand schüttet sein Herz zur Gänze vor dem anderen aus. Er hat einen lockeren, humorvollen Ton und ist voller kleiner Gesten und schöner Momente. Zwei unglückliche Erwachsene tasten einander ab und entdecken, dass Chemie vorhanden ist. Der Film ist ein ständiger Flirt, der mal „sittlicher“ und dann wieder feuriger und direkter ist. Dass die Sympathie und die Anziehung nicht nur oberflächlich ist, zeigen einige bewegende Schlüsselszenen.

Noch populärer und deutlich bekannter ist das Remake aus dem Jahr 1957 vom selben Regisseur und dem selben Drehbuchautor. An Affair to Remember (dt.: Die große Liebe meines Lebens) mit Cary Grant und Deborah Kerr wurde für vier Oscars nominiert, und es war nicht die letzte Version des Stoffes. Das American Film Institute hat eine Liste der 100 besten amerikanischen Liebesfilme zusammengestellt, auf der auch das Remake von Love Affair auf Platz 5 zu finden ist. Gleich fünf Filme (die alle noch in diesem Marathon besprochen werden) von 1939 finden sich ebenso auf der Liste: Gone with the Wind auf den verdienten zweiten Platz, nach Casablanca (1942); Wuthering Heights auf Platz 15; Dark Victory auf Platz 32; Ninotchka auf Platz 40; und The Hunchback of Notre Dame auf dem drittletzten Platz.

Ich habe diesen Marathon zum Anlass genommen, mir An Affair to Remember endlich anzusehen. Es fühlt sich in dem Fall etwas komisch an, zu sagen, dass das Remake besser ist als das Original, da die meisten Szenen fast 1:1 vom Vorgänger übernommen und auch die Dialoge nur minimal abgeändert wurden. Die ersten drei Absätze dieses Textes sind zur Gänze auf das Remake übertragbar. Es spricht allerdings einfach mehr für dieses: Zunächst ist der 18 Jahre jüngere Film natürlich opulenter und statt dem 4:3 Schwarzweiß-Bild erstrahlen die satten Technicolor-Farben im breiten Cinemascope-Format. Das Remake hat eine längere Laufzeit und wurde um einige größtenteils sinnvolle Szenen erweitert. Dafür hat die zweite Hälfte der 1957er-Version, die exakt ab der Hälfte der Laufzeit beginnt, nicht den guten Flow, den die zweite Hälfte des Originals hatte.

Es ist ganz lustig zu sehen, wie in beiden Fassungen dank der strengen Hays Code-Zensur in Hollywood darum herumgetanzt werden muss, dass hier eine nichteheliche sexuelle Begegnung stattfindet. Offenbar hat es das Original hier noch schlimmer erwischt als das Remake, das zwar immer noch sehr zugeknöpft daherkommt, aber doch ein klein wenig deutlicher sein durfte. Die zwei Figuren im Remake sind etwas älter und vor allem Deborah Kerrs Terry wirkt selbstbewusster. Gleichzeitig strahlt sie nicht dieselbe Wärme aus wie Irene Dunnes Terry. Cary Grant ist im Remake auch ein Franzose, mit dem etwas cooleren Namen Nicolò Ferrante. Muss ich wirklich sagen, wer zwischen Michel und Nicolò die bessere Figur macht? Es ist Cary fu***ng Grant, einmal dürft ihr raten. Nicolò ist noch lässiger und humorvoller als Charles Boyers Michel.

Ein Regisseur, der denselben Film noch einmal machen darf; nach Jahren noch einmal zu einem seiner größten Hits zurückkehren kann; ihn mit einem aufgepeppten Drehbuch, mehr Budget und besserer Technik perfektionieren – Das wünschen sich bestimmt sehr viele Kreative in Hollywood und es passiert äußerst selten. Zwei andere Beispiele: Hitchcock konnte The Man Who Knew Too Much von 1934 im Jahr 1956 aufpeppen und auch Cecil B. DeMille durfte in dem Jahr die Stummfilmversion von The Ten Commandments von 1923 in ein bombastisches Megaspektakel verwandeln.

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