New Fist of Fury
Deutscher Titel: Meister aller Klassen III
Originaltitel: Xin Jing Wu Men
Englischer Titel: New Fist of Fury
Alternativtitel: 2 Fäuste – stärker als Bruce Lee, Meister aller Klassen 3
Erstveröffentlichung: 1976
Deutsche Erstveröffentlichung: 1977
Laufzeit: 120 Min.
Empfohlene Heimversion: Die britische Blu-Ray von 88 Films kann ich euch wärmstens empfehlen. Diese weist ein ausgezeichnetes, in 2K restauriertes Bild auf und enthält beide offiziellen Schnittfassungen, sowie ein Booklet.
Hinweis: Hier liegt kein dritter Teil vor. Bitte nicht wundern, dass Meister aller Klassen III in der Chronologie vor II und I kommt. Diese „Trilogie“ ist gar keine. Die Filme haben keinen inhaltlichen Zusammenhang (!) und wurden von deutschen Verleihfirmen unter diesen Titeln veröffentlicht. Zum Glück verschont uns der deutsche Filmverleih heutzutage vor solch dummdreister Willkür.
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Der Waise Lung (Jackie) ist ein frecher Rabauke und lebt in Taiwan in ärmlichen Verhältnissen mit seinem Onkel zusammen. Er schlägt sich als Dieb durch, der von Touristen klaut. Lung sucht zwar immer wieder Ärger, hat aber gar keine Lust, es vielen seiner Landsmänner nachzumachen und Kampfkunst zu erlernen. Doch gerade in diesen Zeiten, in denen seine Heimatstadt von herrischen, arroganten Japanern kontrolliert wird, die vom kampferprobten Okimura angeführt werden, wäre das wichtig. Als Lung ein Angebot von einem örtlichen Verbrecherclan erhält, schlägt er es ebenso aus, denn er möchte frei sein.

Okimura möchte alle Kung-Fu-Schulen im Ort zwingen, sich unter seinem Banner zusammenzuschließen und ihm zu gehorchen. Auf der einen Seite gibt es willige Stiefellecker und Handlanger, auf der anderen traditionsbewusste Patrioten, die sich das nicht gefallen lassen wollen. Als Lung sieht, wie Okimura der Bevölkerung droht, beschließt er, endlich erwachsen zu werden, Verantwortung zu übernehmen und sich für seine Landsleute einzusetzen. Er lernt Kampfkunst und versucht so, den bösen Japanern Einhalt zu gebieten.

Nach dem Tod von Bruce Lee im Jahr 1973 verloren Kung-Fu-Filme massiv an Popularität. Produzenten suchten hysterisch in ganz Asien nach seinem Nachfolger. Der Fokus wurde einstweilen auf Komödien gelegt, wodurch die Job-Gelegenheiten für Stuntmen und Stuntkoordinatoren drastisch zurückgingen. Nachdem Jackie sowohl mit Cub Tiger from Kwang Tung (J.C. Marathon #1) als auch diversen anderen Projekten mit ihm als Stuntkoordinator gescheitert war, stand er ohne Job und ohne Geld da. Jackie sah in Hongkong keine Zukunft mehr und flog zu seinen Eltern nach Australien, wo er zwei miese Jobs annahm. Als Bauarbeiter und Küchenhilfe in einem Restaurant verdiente er umgerechnet etwa 1000 USD pro Monat und war alles andere als glücklich.

Zum Glück war der Manager und Produzent Willie Chan bei den Dreharbeiten zum Bruce-Lee-Film Fist of Fury (dt.: Todesgrüße aus Shanghai, orig.: Jing wu men, 1972), bei dem sich Jackie als Stuntman besonders hervortat, aufmerksam geworden. Er schickte dem 22-jährigen „Versager“ ein Flugticket nach Hongkong und kurze Zeit später saß Jackie in den bescheidenen Räumlichkeiten der neu gegründeten Filmproduktionsfirma eines großen Produzenten und Regisseurs namens Lo Wei. Dort unterschrieb Jackie einen 8-Jahres-Vertrag, bei dem er umgerechnet lächerliche 400 USD pro Monat und weitere 400 USD für jeden abgeschlossenen Film bekam. Jackie wagte es wieder, davon zu träumen, doch noch ein Star zu werden.

Mit der Reihe an Produktionen unter Lo Wei sollte ihm dies jedoch nicht gelingen. New Fist of Fury ist eine lose Fortsetzung zum Bruce-Lee-Klassiker Fist of Fury, der ebenso unter der Regie von Lo Wei entstand. Dieser wollte aus Jackie unbedingt den neuen Bruce Lee machen. Zweimal blitzt sogar in wichtigen Szenen mit Jackie ein Bild von Lee auf. Jackie hingegen wollte nie der nächste Bruce Lee werden, sondern der erste Jackie Chan. Er fühlte sich in den Rollen, die er unter Lo Wei bekam, nicht wohl, weil sie seiner Persönlichkeit zuwiderliefen. Lo Wei wollte keinen Humor in seinen Filmen, also sind viele der frühen Jackie-Filme aus heutiger Sicht sehr untypisch.

New Fist of Fury bewegt sich für eine HK-Produktion überraschend langsam und lässt sich sehr viel Zeit für Handlungsszenen, wird aber nie langweilig. Er hat ein blutiges, sehenswertes Finale mit einem überraschenden Ende. In Jackies erstem Hauptrollen-Film, der eine breitere Veröffentlichung bekam, war er noch nicht so sattelfest wie später. Er selbst bezeichnete sein Schauspiel darin später als „unbeholfen und steif.“ Seine rauflustige Unerfahrenheit passt aber zu seiner Figur. Der Film spielt vor oder während des Zweiten Weltkriegs, als viele Chinesen von expansionsfreudigen Japanern unterdrückt wurden. Die Japaner im Film sind stereotypische Bösewichte und auf der Suche nach anti-japanischen Rebellen. Die Kung-Fu-Schulen waren damals tatsächlich ein beliebter Zufluchtsort für Rebellen.

New Fist of Fury ist wahrlich kein Meisterwerk, die negativen Kritiken verstehe ich jedoch nicht ganz. Es ist ein sehr brauchbarer, alter Kung-Fu-Film, der im klassischen Stil gehalten ist. Im Vergleich zu Cub Tiger from Kwang Tung a.k.a. Master With Cracked Fingers fand ein gewaltiger Qualitätssprung in allen Belangen statt. Trotzdem war der Film damals kein Erfolg. Im Jahr 1980, nachdem Jackie mit The Young Master (dt.: Meister aller Klassen) einen großen Kassenschlager landete, wurde New Fist of Fury neu geschnitten, um 37 Minuten erleichtert und wiederveröffentlicht. Diese Fassung ist nicht zu empfehlen, da sie unter anderem die Backstory der Rebellen entfernt. Sie ist, wie oben erwähnt, ebenso auf der britischen Blu-ray zu finden.
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Bewertung:










