City Hunter
Deutscher Titel: City Hunter
Originaltitel: Sing si lip yan
Englischer Titel: City Hunter
Erstveröffentlichung: 1993
Deutsche Erstveröffentlichung: 1994
Laufzeit: 99 Min.
Empfohlene Heimversion: Wer auf die deutsche Klamauksynchronisation verzichten kann, dem sei die britische Blu-ray von Eureka ans Herz gelegt.
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Ryo Saeba (Jackie), besser bekannt als „City Hunter“, ist ein japanischer Privatdetektiv. Draufgängerisch und angeberisch markiert er den harten Hund, vor allem wenn er schöne Frauen beeindrucken will. Er stellt sich oft tollpatschig an, ist jedoch versiert und am Ende stets siegreich. Vor Jahren wurde sein Partner bei einem Einsatz durchlöchert, und City Hunter musste ihm als letzten Wunsch versprechen, die Finger von seiner kleinen Schwester Kaori zu lassen. Ryo konnte ja nicht ahnen, dass sich die Kleine in nur wenigen Jahren in eine bildhübsche, junge Frau (Joey Wong) verwandeln wird. Heute ist Kaori Ryos aufgeweckte Assistentin und schwer in ihren Chef verliebt. Wenn der Womanizer immer wieder mit anderen Frauen flirtet, wird sie eifersüchtig und verliert die Fassung.

City Hunters neuester Fall: Die junge Tochter eines Zeitungs-Tycoons ist von zu Hause ausgebüxt und er soll sie wieder zu Papa zurückbringen. Die kleine Shizuko schafft es vor Ryo zu fliehen und gerät zufällig an ein Ticket für eine Kreuzfahrt. Um dem Detektiv endgültig zu entgehen, geht die Kleine an Bord des riesigen Luxusdampfers. Kaori will den City Hunter eifersüchtig machen und geht mit ihrem lüsternen Verehrer ebenso auf das Kreuzschiff. Mit an Bord ist auch die äußerst fähige, attraktive Privatdetektivin Saeko, die nicht viel vom City Hunter hält, und ihre unbedarfte, vollbusige Freundin. Ryo würde sich gerne bei Kaori für seine jüngsten Eskapaden entschuldigen, ist aber durch ein Nebelhorn taub geworden. Außerdem hat er so einen Riesenhunger, dass sich die Bikinibrüste der Passagierinnen schon in Hamburger verwandeln und ihre Beine in Hühnerflügel.

Plötzlich wird die Party vom gut gelaunten Bösewicht Colonel MacDonald (Richard Norton) gesprengt, der mit einem Team von bewaffneten Terroristen die Passagiere als Geiseln nimmt und ein hohes Lösegeld für sie fordern will. Ryo muss also nicht nur was zu Essen und Shizuko finden, sondern sich gegen die Terroristen wehren und die Passagiere retten. Die schwer bewaffnete Saeko wirft sich ebenso ins Gefecht und sie erhalten unerwartete Hilfe von einem Glücksspieler, der mit tödlichen Spielkarten um sich wirft.

City Hunter bietet fast 100 Minuten durchgehend Blödeleien und tonnenweise visuellen Humor. Es ist der lustigste Jackie-Film überhaupt, oder zumindest jener mit der höchsten Gag-Dichte. Ob die Gags beim Zuschauer ankommen, hängt von seiner Toleranz für übertriebenen, kindischen, breiten Humor und Klamauk ab. Der Slapstick ist ganz im Comic-Stil gehalten: Leute fallen hin, tun sich weh, werden mit Gegenständen beworfen, die aus dem Nichts auftauchen und benehmen sich wie Wilde. Eine der vielen hübschen Ladys im Film fällt z.B. immer wieder nach vorne auf dem Bauch, weil ihre Brüste zu groß sind. Das Ganze ist mit einer eingängigen, heiteren Musik unterlegt.

Was den Film jedoch noch verblüffender und einzigartig macht, ist, dass es obendrauf noch viele nicht-cartooneske Gewaltdarstellungen gibt und viele Leute (meist freilich gesichtslose Terroristen) weggeballert werden. In Deutschland erschien 1994 zunächst eine gekürzte Fassung mit einer 18er-Freigabe. Bereits 2004 wurde der Film ungekürzt ab 12 freigegeben. Interessant, was bloße 10 Jahre bei manchen fehlgeleiteten Entscheidungsträgern ausmachen können.

Jackie war damals so beliebt in Japan, dass er einen Film für den japanischen Markt machen wollte. Bei einer Umfrage unter seinen japanischen Fans, welchen Charakter er verkörpern sollte, stand Ryo Saeba a.k.a. City Hunter an der Spitze der Wunschliste. Also entstand Jackies einzige Comicverfilmung, die auf dem beliebten Manga basiert. Die „City Hunter“-Mangahefte habe ich nie gelesen, aber einige Folgen der Anime-Serie, die auf ihnen basiert. Üblicherweise halten sich Anime-Versionen streng an die Vorlage und auch der Realfilm kommt verdammt nahe an den Stil der Serie heran.

Der Klassiker Die Hard (dt.: Stirb langsam) von 1988 mit Bruce Willis sorgte für einige Nachahmer. Warner Bros. setzte Steven Seagal in Under Siege (dt.: Alarmstufe: Rot) ebenso auf ein Schiff und ließ ihn gegen Terroristen kämpfen. Herausgekommen ist dabei einer der besten Filme in Seagals Karriere. Es gibt kaum jemanden, der City Hunter als einen der besten Jackie-Filme ansieht, aber es ist zumindest einer der verrücktesten. Es werden sogar ab und zu Soundeffekte aus alten Warner-Bros.- und Hanna-Barbera-Cartoons eingespielt. Ich persönlich finde tatsächlich, dass City Hunter einer der besten Jackie-Filme ist. Er ist bunt, lustig, übertrieben, tempo- und actionreich. Der finale Kampf zwischen Jackie und Richard Norton ist gewohnt beeindruckend.

In der berühmtesten und irrsten Sequenz des Films kracht der City Hunter in einen Arcade-Automaten hinein, woraufhin sich alle Anwesenden in Figuren des Videospiels „Street Fighter II“ verwandeln. Jackie selbst wird zur chinesischen Kämpferin Chun-Li, während sich sein Widersacher Gary Daniels in den amerikanischen Blondschopf Ken verwandelt. Die „Street Fighter“-Franchise war damals am Höhepunkt ihrer Popularität. 1994 erschien sogar ein Hollywood-Realfilm mit Jean-Claude Van Damme, Raul Julia und Kylie Minogue, der auf dem Kampfspiel basiert. Das Traurige an der Sache ist, dass diese kurze Sequenz in City Hunter, mit ihren billigen Spezialeffekten, sowie Soundeffekten und Original-Moves aus dem Spiel, näher an das Original herankommt als das schwache Hollywood-Pendant, welches ein Budget von ca. 35 Mio. US-Dollar hatte.

Übrigens finde ich es nach wie vor beschämend, dass in in der deutschen Synchronfassung von City Hunter der Schlachtruf „Yoga Fire!“ mit „Feuer frei!“ übersetzt wurde. Wenn man keine Ahnung von ikonischen Meilensteinen der Videospielgeschichte hat, oder keinen Respekt vor ihnen, sollte man wohl auch keine Synchronregie übernehmen. Eine letzte Anmerkung noch zu der Szene: Der „Street Fighter“-Sumoringer E. Honda wurde im Film zu „E. Honde“ umgetauft, da Jackie damals einen Vertrag mit Mitsubishi hatte, und die nicht den Namen eines ihrer Markt-Konkurrenten im Film sehen wollten (Es kommt allerdings mindestens ein Honda-Wagen in dem Film vor, der aber nicht von Jackie gefahren wird).

Die Dialoge, die angeblich während des Drehs geschrieben wurden, und die Regie von City Hunter übernahm Jing Wong, der für irre Komödien bekannt war, die er schnell und billig abdrehte. Die Inszenierung der Actionszenen übernahm Jackie selbst. Nur sechs Monate später startete in Hongkong Jing Wongs nächster Film Future Cops, dessen Figuren mehr als eindeutig von „Street Fighter II“ inspiriert sind. Future Cops ist erneut ein irres, energiegeladenes Actionspektakel und obwohl er auch billig und cheesy ist, ist es meiner Ansicht nach bis heute die beste Realfilm-Version des beliebten Videospiels.

Jackie brauchte für Operation Condor (J.C. Marathon Nr. 34) zwei Jahre Produktionszeit. Er ging langsam auf die 40 zu und man konnte sich ungefähr ausrechnen, wie viele körperlich beanspruchende Filme er noch machen konnte, wenn er in dem Tempo weitermacht. Auch um an der Spitze zu bleiben, musste er seinen Output erhöhen. Also schwenkte er Anfang der 90er um und lies andere, etablierte Regisseure das Ruder übernehmen. So entstanden einige interessante und sehr unterschiedliche Filme. Jackie drehte damals gleichzeitig seinen nächsten Film Crime Story (J.C. Marathon Nr. 38), der stilistisch nicht weiter von City Hunter entfernt sein könnte. Der todernste Crime Story entstand unter der Regie von Kirk Wong, der für düstere Actiondramen mit gezeichneten Helden bekannt war.

Ein Rezensent behauptete, City Hunter sei wegen seiner vielen anzüglichen Szenen frauenfeindlich. Ob ihm auch aufgefallen ist, dass sich der Film über den aufgesetzten Machismo seiner Hauptfigur bei jeder Gelegenheit lustig macht? Egal, City Hunter ist jedenfalls 100% albern und 100% pure Freude und perfekt, wenn man schon alle Cartoons mit Tom und Jerry und den Looney Tunes gesehen hat, und noch mehr will.
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Bewertung:


















