Rumble in the Bronx
Deutscher Titel: Rumble in the Bronx
Originaltitel: Hung fan kui
Englischer Titel: Rumble in the Bronx
Alternativtitel: In der Bronx ist die Hölle los
Erstveröffentlichung: 1995
Deutsche Erstveröffentlichung: 1996
Laufzeit: 104 Min. / 89 Min. (US-Cut)
Empfohlene Heimversion: Den originalen HK-Cut gibt es meines Wissens nirgendwo auf einer Blu-ray. Den US-Cut kann man sich sowohl auf einer britischen als auch auf einer Regionalcode-freien US-Blu-ray ansehen.
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Mit Rumble in the Bronx gelang Jackie das, was ihm in den 1980ern mit The Big Brawl, The Protector und den Cannonball Run-Filmen verwehrt blieb: Sein großer, internationaler Durchbruch. Es war die erste Hongkong-Produktion, die es in den USA zur Nr. 1 an den Kinokassen schaffte. Jackie war im Westen ab sofort nicht mehr nur ein Kult-Star für eingeweihne Filmfans, sondern wurde zu einer Pop-Ikone.

Der gutmütige, anständige Kung-Fu-Profi Keung (Jackie) fliegt von Hongkong nach New York City, um dort seinen Onkel Bill zu besuchen. Bill heiratet bald und wird sich danach mit seiner schwarzen Braut zur Ruhe setzen. Seinen Laden in der Bronx will er an Elaine (Anita Mui) verkaufen. Gemeinerweise verschweigt er ihr, dass die örtliche Bande immer wieder bei ihm klaut und er Schutzgeld zahlen muss. Keung lernt den Nachbarjungen Danny kennen, der in einem Rollstuhl sitzt und mit seiner Schwester Nancy zusammenwohnt, die nie zu Hause ist. Elaine stimmt dem Kaufvertrag zu und Keung hilft ihr aus, während Bill sich in die Flitterwochen verabschiedet.

Die Großstadthölle New York zeigt bald ihr hässliches Gesicht. Als die Motorrad-fahrende Nachbarschafts-Bande im Laden klauen will, legt sich Keung mit ihr an. Dafür wird er wenig später nachts in einer Gasse mit leeren Glasflaschen beworfen. Mit einem blutüberströmten Gesicht kollabiert Keung vor seiner Wohnungstüre und wird von Nancy und Danny gefunden. Keung erkennt Nancy als die Freundin des Bandenchefs wieder, beschließt jedoch, Danny nichts davon zu sagen. Nancy weint vor Kummer, auch darüber, weil sie ihren kleinen Bruder vernachlässigt hat. Gerade noch wurden Keungs Wunden verpflegt, da greift ihn die Bande wieder an und jagen ihn durch die Straßen und ein Parkhaus, wo er sich mit einem spektakulären Sprung auf das benachbarte Gebäude rettet.

Bei einem Konflikt zwischen Gangstern bietet sich für das unbeteiligte Bandenmitglied Angelo die Gelegenheit, einen Aktenkoffer zu klauen. Angelo ist begeistert, dass sich darin ein Beutel voller wertvoller Diamanten befindet. Doch nun sind professionelle Gangster hinter ihm her. Angelo flieht vor ihnen und notgedrungen versteckt er den Beutel im Rollstuhl-Sitzkissen von Danny. Nachdem die Bande Elaines Laden zerstört, zeigt Nancy Keung den Weg zu ihrem Hauptquartier. Dort verprügelt er die Bande, wirft ihnen vor, dass sie sich dazu entschieden haben, der Abschaum der Gesellschaft zu sein und macht ihnen am Ende noch ein Versöhnungsangebot. Als die Gangster eines der Bandenmitglieder in kleine Stücke zerhacken, hilft Keung seinen alten Feinden gegen die neuen, hochkarätigeren Feinde.

Die beste Eigenschaft von Rumble in the Bronx ist, dass er nie langweilig wird. Damit hat er die wichtigste Aufgabe eines Unterhaltungsfilms bereits erfüllt. Doch von Jackie kennen wir viel, viel Besseres. Es ist kein mieser Film, aber auch kein wirklich guter. Die Enttäuschung wird noch größer, wenn man sich ansieht, was für Glanzstücke Jackie vorher abgeliefert hatte. Rumble in the Bronx war der erste, große Schritt in die Mittelmäßigkeit, die ab Mitte der 1990er bei Jackies Output herrschte, und die er nie wieder loswerden sollte. Gerade noch hatte Jackie mit Drunken Master II sein größtes Kung-Fu-Meisterwerk abgeliefert, und plötzlich war er kreativ am Abstieg.

Das westliche – vor allem amerikanische – Publikum sah das freilich ganz anders, da die meisten von ihnen Jackie gerade erste kennengelernt hatten. Für jemanden, der Jackie nie in seiner Blütephase erlebt hat, für den kann „Jackie light“ schon eine Offenbarung sein. Für eine Hongkong-Produktion wirkt alles ein wenig runtergeschraubt und glattgebügelt, und damit wie eine seltsame Anbiederung an den amerikanischen Kinomarkt. Es gibt wenig Humor im Film und auch die Kämpfe sind nicht mehr so wild, schnell und komplex wie vorher. Damit „Joe Slow in the back row“ im Kinosaal in Kansas City auch schön mitkommt. Einen Ausreißer stellt die Szene dar, in der Jackie mit Glasflaschen beworfen wird und ungewöhnlich viel Blut lässt. Diese ist in der Originalfassung noch ein bisschen brutaler.

Das US-Label New Line Cinema kaufte sich den Film, kürzte ihn um eine Viertelstunde, verpasste ihm einen „wide release“ und ermöglichte damit, dass der Film quer durch die USA in fast 1800 Kinos lief. Bei einem Produktionsbudget von umgerechnet 7,5 Millionen Dollar spielte der Film alleine in den USA 32 Millionen Dollar ein. In Hongkong wurde Rumble zum bis dato erfolgreichsten Film an den Kinokassen. Die für Nordamerika entfernten 15 Minuten betreffen fast nur Handlungsszenen und die deutsche Fassung ist meines Wissens identisch mit der US-Vorlage bezüglich der Länge. In der ungeschnittenen Originalversion erfahren wir, dass Keung Polizist in Hongkong ist.

Rumble ist ein auf eine fast sympathische Art ziemlich doofer Film. Zunächst wegen der überzeichneten, unrealistischen, wilden Multikulti-Gang, die aus Weißen, Latinos, Chinesen und Schwarzen besteht. Die brutal schwachen Dialoge der US-Versionen scheinen in einem Paralleluniversum stattzufinden, in dem alle zwanzig IQ-Punkte weniger haben und über weitaus geringere Eloquenz verfügen. Die Dialoge der Originalversion sind nicht ganz so belämmert. Stellenweise wurden für den US-Cut Sätze verändert oder Figuren sagen etwas ganz anders. Wie gut oder schlecht die deutsche Synchronfassung ist kann ich nicht sagen, da es zu lange her ist, dass ich den Film auf Deutsch gesehen habe. Bis auf wenige Außenaufnahmen wurde der Film nicht in NYC gedreht, sondern in der kanadischen Stadt Vancouver, die größtenteils als Bronx durchgeht, außer wenn immer wieder Berge im Hintergrund aufpoppen.

Die Liebesgeschichte zwischen Keung und Nancy ist äußerst unterentwickelt. Dass Keung die Bande, die ihn zweimal fast umbringt, zuerst zusammenschlägt, dann rügt und sich dann mit ihnen zusammentut, ist auch eine Besonderheit. Das New York, das in Rumble in the Bronx dargestellt wird, ist das schmutzige, verwahrloste und von Kriminalität verseuchte New York der 1970er und 1980er. In den 1990ern wurde die Stadt jedoch immer mehr zu einer sauberen, sicheren, Touristen-freundlichen Metropole. Zu dem Zeitpunkt, als Rumble erschien, war die Verbrechensrate in New York City bereits circa nur mehr so hoch wie die der gesamten USA im Durchschnitt. Der Film reproduziert also Klischees über die Stadt aus einer vergangenen Zeit. Was absolut okay ist, wenn man den Film nicht ernst nehmen soll. Allerdings ist er auch nicht wirklich lustig, also was bleibt übrig?

Ich habe mir beide Schnittfassungen hintereinander angesehen. Ich dachte, die Originalversion hätte vielleicht einen besseren Flow, aber sie bewegt sich einfach nur etwas langsamer, während der US-Cut mehr auf Action getrimmt ist. Im Original machen wenigstens die Dialoge mehr Sinn und die grässliche Synchronisation ist weg. Der Handlungsstrang um Anita Mui, die hoffnungsvoll einen Laden kauft, der danach zweimal zerstört wird, läuft dank zusätzlicher Szenen mit weniger sinnlosen Dialogen im Original etwas zufriedenstellender ab. Aber auch in dieser bekommt der Handlungsstrang kein befriedigendes Ende.

Der Film hat viele Freunde, aber wie ihr sicher merkt, gehöre ich nicht dazu. Die Handlung ist vernachlässigbar und wie so oft nur ein Aufhänger für die Actionszenen, die akzeptabel sind. Am spektakulärsten ist eine Verfolgungsjagd mit einem Luftkissenboot, das einen Umweg vom Fluss nehmen muss und über Straßen und Autos fetzt. Storytechnisch finden sich einige ganz gute Ansätze, mit denen aber allesamt nichts gemacht oder näher darauf eingegangen wird. Dass Keung der Freundin des Gang-Anführers sehr nahe kommt, ist mehr ein Detail. Wie erwähnt, wird auch aus Elaines misslicher Lage wenig gewonnen. Die Kriminellen hätten auch dreidimensionaler sein können. Die Szene, in der ihnen der saubere Cop aus Hongkong sagt, dass er lieber Tee mit ihnen trinken würde, statt sie auf alle möglichen Arten zu vermöbeln, hätte in einem besseren Film weitaus mehr Gewicht. Aus dem potentiellen Culture-Clash zwischen dem kleinen Chinesenonkel und seiner dicken, überschwänglichen Schwarzen wird ebenso nichts gewonnen. Wenn man sich auf „Jackie light“ mit Cartoon-Bösewichten und einem schwachen Drehbuch einstellt, kann man mit Rumble schon seinen Spaß haben, aber allzu viel ist hier nicht zu holen.
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Bewertung:










