Rush Hour
Deutscher Titel: Rush Hour
Originaltitel: Rush Hour
Erstveröffentlichung: 1998
Deutsche Erstveröffentlichung: 1999
Laufzeit: 98 Min.
Empfohlene Heimversion: Alle Blu-ray-Fassungen sind praktisch identisch, mit demselben Bonusmaterial.
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Der hochangesehene Inspector Lee (Jackie) ist in Hongkong auf der Jagd nach dem Unterweltboss Juntao, der chinesische Kulturgüter stiehlt. Wie so oft in äteren Hollywood-Filmen ist auch ein böser Brite (Tom Wilkinson) dabei involviert. Juntao schlägt zurück, indem er die 10-jährige Tochter des in Los Angeles lebenden chinesischen Konsuls Han, einem persönlichen Freund von Inspector Lee, entführen lässt.

Das FBI macht sich auf die Suche nach der Tochter, doch Han besteht darauf, dass auch der äußerst fähige Lee involviert wird. Das FBI hat keine Lust, Fremdenführer zu spielen und bittet das LAPD, einen ihrer Männer zur Verfügung zu stellen, der sich mit Lee zusammentun und ihn von dem Fall fernhalten soll. Der Police Captain sträubt sich zunächst, doch dann fällt ihm ein „Opfer“ ein, auf das er diese unliebsame Aufgabe abschieben kann: Der quasselnde, junge, schwarze Draufgänger Detective Carter (Chris Tucker). Carter möchte unbedingt FBI-Agent werden, dabei hängt selbst seine LAPD-Karriere an einem seidenen Faden. Er will sich mit diesem Auftrag endlich beweisen.

Der konventionelle, ernsthafte, Kung-Fu beherrschende Lee muss sich mit dem unkonventionellen Carter zusammentun, der immerhin ordentlich viel street smarts mitbringt. Carter hat keine Lust auf Babysitten und Lee fragt sich bald, warum er Konsul Han noch immer nicht getroffen hat. Die beiden machen sich zusammen auf eigene Faust an den Fall. Eine Spur führt nach Chinatown und zu einem gerade eröffneten Luxuscasino. Juntao ist in Los Angeles!

Die gute, altbewährte Comedy-Duo-Nummer mit dem konservativeren, korrekten straight man und dem verrückten funny man hat eine lange Tradition. Sie funktionierte in den 1940ern (und auch davor) mit Dean Martin und Jerry Lewis, und sie funktioniert auch im neuen Jahrtausend, etwa bei Two and a Half Men. Ebenso bei Rush Hour, dem ersten Hollywood-Film mit Jackie Chan in einer Hauptrolle, dem ein kommerzieller Erfolg beschieden war. Nicht nur das, der Film schaffte es bei den Einspielergebnissen sogar in die Top 10 des Jahres und zog zwei Fortsetzungen (2001 und 2007) und eine kurzlebige TV-Serie (2016 bis 2016 [sehr kurzlebig!]) nach sich.

Die Buddy-Cop-Comedy ist sehr formelhaft und hat eine simple Handlung. Im Vergleich zu den besten Jackie-Filmen fällt Rush Hour ziemlich auf die Schnauze. Jackies erster Hollywood-Hit wurde für das westliche Mainstreampublikum komplett weichgebügelt und hat keine wirklichen Ecken und Kanten mehr. Die Actionszenen sind viel kürzer und die Schnitte schneller. Dafür baut sich die Handlung gut auf und die Dialoge sind deutlich besser geschrieben als in den typischen Hongkong-Produktionen.

Dennoch ist Rush Hour der beste Hollywood-Film, in dem Jackie jemals mitgespielt hat – Abgesehen vom Burt-Reynolds-Klassiker The Cannonball Run, in dem der asiatische Star nur eine winzige Nebenrolle hatte. Was den Film so sympathisch macht, ist schlicht und ergreifend die Chemie zwischen Lee und Carter. Das Verhältnis und das Hin und Her zwischen den beiden ist das, was den Film ausmacht. Dank Tucker und Chan wird aus der mittelprächtigen, allzu typischen Cop-Comedy einer der besten Buddy-Filme der 1990er.

Während die meisten Filmregisseure ihre Karriere mit Kurzfilmen beginnen, gibt es auch einige, die aus dem Bereich der Musikvideos kommen, und Brett Ratner ist einer von ihnen. Angeblich ist Ratner 1997 nach Südafrika ans Set von Who am I? geflogen, um dort Jackie und seinen Manager, die bereits einige schlechte Erfahrungen mit und in Hollywood machen mussten, von seinem Projekt zu überzeugen. Das gelang ihm und der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt. Ratner drehte auch eigens ein Musikvideo mit Dru Hill für den Soundtrack zu Rush Hour. „How Deep is Your Love“ ist bis heute einer meiner Lieblings-Hip-Hop-Songs.
Heute ist der Regisseur mehr dafür bekannt, dass ihm einige Schauspielerinnen sexuelle Übergriffe vorwarfen. Warner Brothers beendete im Zuge des Me-Too-Aufruhrs 2017 deshalb alle Geschäftsbeziehungen mit ihm. Ratner war nie ein großer Künstler vor dem Herrn, aber eine glatte, gekonnte Inszenierung und Schauspielerführung hatte er gut drauf. Während Rumble in the Bronx bereits für Furore gesorgt hatte, wurde der Jackie-Hype mit Rush Hour im Westen sogar noch größer. Jackie selbst mochte die Rush Hour-Filme nie, und versteht deren Humor nicht. Es freut mich für ihn, dass er seinen Durchbruch dann doch noch geschafft hat, und sogar noch reicher als vorher wurde, aber die Welt wäre mit Drunken Master III statt Rush Hour 3 eine schönere gewesen.
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