Jackie Chan Mega-Marathon LXII

The Karate Kid

Deutscher Titel: Karate Kid
Originaltitel: The Karate Kid
Erstveröffentlichung: 2010
Deutsche Erstveröffentlichung: 2010
Laufzeit: 140 Min.
Empfohlene Heimversion: Die deutsche Blu-ray von SONY ist in Ordnung.

Die alleinerziehende Mutter des 12-jährigen Dre (nicht der Dr., sondern Jaden Smith) bekommt einen besseren Job in ihrem Autounternehmen, muss dafür aber nach Beijing ziehen. Sie ist sehr aufgeregt und obwohl die beiden kein Chinesisch sprechen, muss Dre widerwillig mit ihr von Detroit weg und in die chinesische Hauptstadt übersiedeln. Dort tut sich Dre schwer, sich in die Schule und das Sozialleben zu integrieren.

Ihre neuen chinesischen Bekanntschaften fragen die zwei schwarzen Migranten immer wieder, ob sie ihre Haare berühren dürfen (Was übrigens mittlerweile bei vielen als rassistisch gilt. Jaden Smith hat halt coole Dreadlocks, die viele Chinesen nie in echt gesehen haben). Die Geschichte fokussiert sich auf Dre, der von Mitschülern schikaniert wird und sich in ein chinesisches Mädchen aus gutem Haus verliebt, die Violinistin ist und klassische Musik mag. Dre lernt Han (Jackie) kennen, einen etwas verwahrlosten Hausmeister, der ihm Kung Fu beibringt und eine tragische Backstory hat. Um seine Balance im Leben zu finden, will er unbedingt an einem großen Kung-Fu-Turnier teilnehmen, in dem aus irgendeinem Grund auch 12-Jährige gegen 16-Jährige kämpfen.

Wenn euch das bekannt vorkommt, dann habt ihr wahrscheinlich The Karate Kid von 1984 gesehen. Will Smith(s Produktionsfirma) kaufte sich die Rechte an der Karate Kid-Franchise, weswegen er auch als einer der Produzenten in der neueren Serie Cobra Kai aufgeführt wird. Der Fresh Prince gab seinem Sohn die erste Hauptrolle und holte für die zweite Jackie Chan an Bord. Jackie behauptete in einer seiner Autobiographien, dass als er zum ersten Mal von dem Remake hörte, geglaubt haben soll, dass er den jungen Schüler spielen soll. Die Rolle ging jedoch nicht an den Mitte-50er Jackie, sondern an den 12-jährigen Sohn von Rapper/Schauspieler/Produzent/Weltstar/Oscar-Prügler Will Smith.

Somit war Jaden Smith zehn Jahre jünger als Ralph Macchio, als er diese Rolle 1984 spielte. Smith Jr. macht seine Sache überraschend gut und man erkennt, dass er zuvor mehrmonatiges Kampftraining absolviert hatte. The Karate Kid von Rocky-Regisseur John G. Avildsen war einer der essentiellsten Filme der 1980er und so beliebt, dass drei Fortsetzungen folgten. 2018 startete die Serie Cobra Kai, die 2020 von Netflix gekauft und sehr gut sein soll. Ich habe mir für diesen Marathon-Eintrag das Original nach langer Zeit wieder mal angesehen und es ist wirklich erstaunlich, wie viel daraus einfach 1:1 kopiert wurde. Wie ähnlich der Handlungsablauf, oft sogar der Szenenablauf der beiden Filme ist.

Abgesehen davon, dass der 80’s flavor natürlich fehlt, ist der einzige wesentliche Unterschied, dass der Möchtegern-Kung-Fu-Kämpfer nicht von der Ost- zur Westküste reist, sondern von Detroit nach China. Dass die Handlung verlegt wurde, hat so gut wie keine Auswirkungen. Die „böse“ chinesische Kung-Fu-Schule in Beijing hat genau dieselben Prinzipien wie das Dojo in Los Angeles und Han dieselbe Philosophie wie Mr. Miyagi. Statt einem blonden valley girl der Oberschicht von Los Angeles (damals gespielt von Elisabeth Shue) ist es halt diesmal ein chinesisches Mädchen, das ebenso aus der Oberschicht stammt. Aus „wax on, wax off“ wird „jacket on, jacket off“ Ach ja, und es wird Kung Fu gekämpft, nicht Karate. Man wollte den Namen des Films trotzdem nicht korrigieren. Wiedererkennungswert und Marketing sind nun mal ein wesentlicher Teil im Filmbusiness.

Die Kämpfe sind circa zehnmal besser als das Erstes-Jahr-Karate-Herumgehampel im Original. Nichts gegen Macchio, aber so wie Michael Dudikoff (American Ninja, dt. Titel: American Warrior) nie ein Ninja war, war auch er nie ein ernstzunehmender Karatekämpfer. Pat Morita wurde für seine Rolle als Mr. Miyagi für den Oscar nominiert. Der erfahrene Jackie macht seine Sache als Mr. Han gut, aber er ist eben kein Pat Morita. Miyagis Backstory mit seiner schwangeren Frau, die während des Zweiten Weltkrieges in einem Internierungslager bei der Geburt starb, ist doch besser als die traurige Backstory, die Han im Remake bekam. Ich war beim Original überrascht, dass ein amerikanischer Mainstreamfilm die Internierungslager anschneidet, immerhin ein sehr dunkler Fleck der US-Geschichte.

Das Setting in Beijing ist auch etwas interessanter als das High-School-Leben in Los Angeles im Original. Das Karate Kid-Remake war übrigens der erste Film seit Bernardo Bertoluccis The Last Emperor (Der letzte Kaiser), dem Dreharbeiten in der Verbotenen Stadt in Beijing genehmigt wurden. Wenn man Jackie Chan heißt, öffnen sich in China offenbar wirklich sehr viele Türen und Tore. The Karate Kid kam sowohl beim Publikum als auch bei Kritikern ganz gut weg und ist die bis dato (Stand: 2022) letzte „high profile“ – Hollywoodproduktion mit Jackie. Gemeint ist eine größer angelegte Produktion mit viel Marketing und breiter Veröffentlichung. Über 3600 Kinos in den USA zeigten den Film (wide release), während The Foreigner (mit Jackie und Pierce Brosnan) sieben Jahre später immerhin noch in 2500 Kinos spielte. Während The Karate Kid in den Staaten stolze 176 Mio. USD einspielte und auf Platz 11 der Kinocharts des Jahres kam (das Original schaffte 1984 Platz 5), spielte The Foreigner nur ein Fünftel davon ein.

The Karate Kid 2010 ist aus dem einfachen Grund ein guter Film, weil er das Original fast 1:1 kopiert. Und das Original ist eben gut. Die emotionalen Payoffs funktionieren im Remake genauso gut wie im Original, so wie sie in einem guten Sportfilm funktionieren müssen. Wäre es interessant gewesen, wenn die Produzenten den Mut gehabt hätten, die Karate Kid-Formel etwas mehr zu variieren? Sicher. Die moderne Hollywoodindustrie ist jedoch nicht unbedingt bekannt dafür, risikofreudig zu sein, und es hat sich wieder einmal ausgezahlt: Produktionskosten von etwa 40 Mio. USD standen Einnahmen von fast 352 Mio. gegenüber. Somit ist The Karate Kid der bis dato kommerziell erfolgreichste Film mit Jackie in einer Hauptrolle. Platz 2 ist Rush Hour 2 mit 347 Mio. Die Karate Kid-Filme waren – bis auf den vierten mit Hilary Swank – alle ziemlich lange, aber der von 2010 schlägt sie alle: Stolze 140 Minuten dauert das Ganze. Und man ist gut unterhalten. Noch besser jedoch, wenn etwas jünger ist und das Original nie gesehen hat.

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