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Ende der 1930er war Hollywood am Höhepunkt seines „Goldenen Zeitalters“ angelangt. Mit einer Reihe von groß angelegten Produktionen und Literaturverfilmungen bemühten sich die Studios um kulturelles Prestige und klingelnde Kassen. Für sehr viele Filmhistoriker, -kritiker, -wissenschaftler und -kenner gilt 1939 als das beste Jahr der Filmgeschichte. Man muss nur eine Handvoll der 510 Langspielfilme aufzählen, die in diesem Jahr in den USA veröffentlicht wurden und man sieht, dass dies alles andere als weit hergeholt ist:
The Wizard of Oz (Das zauberhafte Land)
Gone with the Wind (Vom Winde verweht)
Mr. Smith Goes to Washington (Mr. Smith geht nach Washington)
Wuthering Heights (Stürmische Höhen)
Stagecoach (Höllenfahrt nach Santa Fé / Ringo)

Also werde ich den dritten Filmmarathon für diese Website diesem Ausnahmejahr widmen. Drei der fünf genannten Filme, allesamt Klassiker, gehören übrigens zu meinen Lieblingsfilmen. Nach dem Bud Spencer- und Jackie Chan-Marathon standen Chuck Norris und Arnold Schwarzenegger als Kandidaten im Raum. Statt noch mehr Action (noch immer mein Lieblingsgenre) wollte ich jedoch zur Abwechslung anspruchsvollere Produktionen besprechen. Ich habe jetzt noch keine definitive Liste, welche und wie viele Filme Teil des Marathons sein werden. Aktuell gehe ich von etwa 20 Einträgen aus, es könnten aber auch 30 werden.

In den 1930ern waren die fünf Major Studios Twentieth Century-Fox, Warner Bros., Metro-Goldwyn-Mayer, Paramount und RKO Radio am Gipfel ihrer Macht. Eine enorme Community von Talenten hatte sich in Hollywood gebildet. Auch deshalb, weil viele Kreative vor dem Faschismus in Europa in die Traumfabrik geflohen waren. Dort lag 1939 etwas in der Luft. Die Filmstudios erholten sich, wie auch das Publikum, langsam von der Großen Depression. Gleichzeitig war Krieg am Horizont und die Majors hatten Angst, vielleicht bald einen ihrer wichtigsten Absatzmärkte zu verlieren. Schon damals generierten sie etwa ein Drittel ihres Umsatzes außerhalb der USA und die Devise hies, ebenso wie heute, „bigger is better“. 1938 waren die Einspielergebnisse zum Glück besonders gut, wodurch die Studios auch mehr Geld als sonst zur Verfügung hatten. Also wurde beschlossen, deutlich mehr Geld als sonst in ihre Produktionen zu investierten, um sie zu richtigen Attraktionen zu machen, die auch am Weltmarkt Anklang finden sollten, bevor dieser eventuell wegbricht.

1939 war das Kino mit Abstand die Nr. 1 im Freizeitbereich. Was hätte man auch sonst gemacht? Radio hören oder die Bibel lesen? In diesem Jahr sollen angeblich 80 der 131 Millionen US-Amerikaner im Schnitt ein mal pro Woche ein Kinoticket gekauft haben, das durchschnittlich 23 Cent kostete. Dafür bekam man üblicherweise den Hauptfilm, einen zusätzlichen B-Film, eine Wochenschau (Nachrichten) und einen Cartoon geboten. Für ein Theaterticket waren damals über 2 Dollar fällig. Eine andere Quelle bestreitet die weit verbreitete Zahl von 80 Millionen und behauptet, „nur“ 54 Millionen Tickets wurden wöchentlich gekauft.

Zum Vergleich: 2019, dem Jahr vor der Covid-Pandemie, wurden in den USA (nun 329 Mio. Staatsbürger) und Kanada 1,2 Milliarden Kinotickets verkauft, oder im Schnitt 23 Millionen pro Woche (Zwischen 1980 und 2019 liegt die Zahl bei jährlich zwischen 1 und 1,5 Milliarden Tickets). Aktuell erleben wir ein Überangebot an Content und unsere moderne Popkultur ist um einiges zersplitterter, als sie es früher war. Viel Aufmerksamkeit, die der Film früher genoss, hat sich mittlerweile ins Internet und zu Videospielen verlagert.

Da 1889 das Geburtsjahr des kommerziellen Kinovergnügens ist, war 1939 war zudem ein Jubiläumsjahr: 50 Jahre Kino. Die späten 1930er waren ein besonderer sweet spot in der langen Hollywoodgeschichte. Die Jahre davor brachten zwar auch viele Klassiker zu Tage, waren aber voller formelhafter Western, sowie Gangster- und Polizeifilme. In den Kriegsjahren danach dominierten dann Film Noir und Propagandafilme und in den 1950ern kamen Fernsehgeräte, eine neue Jugendkultur und Elvis. Also reist mit mir in das sagenhafte Jahr 1939 zurück, als das Kino die unangefochtene Krone der Unterhaltung war und Bewegtbilder noch eine ganz andere Magie hatten.